Die Entstehung physikalischer Terminologie aus der neuplatonischen Metaphysik, 1969
By: Tsouyopoulos, Nelly
Title Die Entstehung physikalischer Terminologie aus der neuplatonischen Metaphysik
Type Article
Language German
Date 1969
Journal Archiv für Begriffsgeschichte
Volume 13
Pages 7-33
Categories no categories
Author(s) Tsouyopoulos, Nelly
Editor(s)
Translator(s)
Die Methoden, welche in den neoplatonischen Schulen zum Aufbau eines metaphysischen Systems entwickelt wurden, erwiesen sich sehr geeignet für die Überwindung mancher Vorurteile der traditionellen griechischen Wis­ senschaft und zugleich für eine Neuorientierung des naturwissenschaft­ lichen Denkens. Unter den vielen Faktoren, welche die Entwicklung in dieser Richtung positiv beeinflußt haben, sei zunächst die große Bedeut- tung erwähnt, welche alle Neoplatoniker der Mathematik beigemessen haben. Vorab ihre Überzeugung, daß die μαθηματικοί λόγοι auf eindeutige Weise die gesamte Wirklichkeit bestimmen und das Definierbare in den theoretischen und empirischen Wissenschaften darstellen. Die Neigung dann zur Mystik, die Beschäftigung mit den Orakeln, das Praktizieren der Theurgie und die ganze Auseinandersetzung mit dem orientalischen Kult, welche neben dem Hineinbringen irrationaler Elemente in die her­ kömmlichen Denkweisen auch ein anderes Resultat hatten: Die Umwand­ lung des Erfahrungsbegriffs und des ganzen Modus des Begreifens der Phänomene, was die traditionelle Wissenschaft dringend benötigte. Die Be­ grenzung der Erfahrung auf das sinnliche Bewußtsein und die Wahrneh­ mung, die vor allem die peripatetische Schule charakterisierte, brachte all­ mählich das naturwissenschaftliche Denken zur Stagnation, indem sie eine quantitative Erfassung nicht direkt gegebener Größen wie Masse, Träg­ heit, Energie unmöglich machte. Es ist also keine Paradoxie, wenn Gedan­ ken und Methoden aus der neoplatonischen Tradition den Weg der wis­ senschaftlichen Abstraktion bahnten, indem sie das Bemühen um Erklärung der Phänomene gleichermaßen von der bloßen Spekulation wie vom primitiven Realismus abzubringen vermochten. Im folgenden wird der Versuch unternommen, an gewissen Beispielen diese Entwicklung zu demonstrieren. [introduction p. 7]

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Die Entstehung physikalischer Terminologie aus der neuplatonischen Metaphysik, 1969
By: Tsouyopoulos, Nelly
Title Die Entstehung physikalischer Terminologie aus der neuplatonischen Metaphysik
Type Article
Language German
Date 1969
Journal Archiv für Begriffsgeschichte
Volume 13
Pages 7-33
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Author(s) Tsouyopoulos, Nelly
Editor(s)
Translator(s)
Die Methoden,  welche in  den neoplatonischen Schulen  zum Aufbau  eines 
metaphysischen  Systems  entwickelt  wurden,  erwiesen  sich  sehr  geeignet  für 
die  Überwindung  mancher  Vorurteile  der  traditionellen  griechischen  Wis­
senschaft  und  zugleich  für  eine  Neuorientierung  des  naturwissenschaft­
lichen  Denkens.  Unter  den  vielen  Faktoren,  welche  die  Entwicklung  in 
dieser  Richtung  positiv  beeinflußt  haben,  sei  zunächst  die  große  Bedeut- 
tung  erwähnt,  welche  alle  Neoplatoniker  der  Mathematik  beigemessen 
haben.  Vorab  ihre  Überzeugung,  daß  die  μαθηματικοί  λόγοι  auf  eindeutige 
Weise  die  gesamte  Wirklichkeit  bestimmen  und  das  Definierbare  in  den 
theoretischen  und  empirischen  Wissenschaften  darstellen.  Die  Neigung 
dann  zur  Mystik,  die  Beschäftigung  mit  den  Orakeln,  das  Praktizieren 
der  Theurgie  und  die  ganze  Auseinandersetzung  mit  dem  orientalischen 
Kult,  welche  neben  dem  Hineinbringen  irrationaler  Elemente  in  die  her­
kömmlichen  Denkweisen  auch  ein  anderes  Resultat  hatten:  Die  Umwand­
lung  des  Erfahrungsbegriffs  und  des  ganzen  Modus  des  Begreifens  der 
Phänomene,  was die traditionelle Wissenschaft  dringend benötigte.  Die Be­
grenzung  der  Erfahrung  auf  das  sinnliche  Bewußtsein  und  die  Wahrneh­
mung,  die  vor  allem  die  peripatetische  Schule  charakterisierte,  brachte  all­
mählich  das  naturwissenschaftliche  Denken  zur  Stagnation,  indem  sie  eine 
quantitative  Erfassung  nicht  direkt  gegebener  Größen  wie  Masse,  Träg­
heit,  Energie  unmöglich machte.  Es  ist  also  keine  Paradoxie,  wenn  Gedan­
ken  und  Methoden  aus  der  neoplatonischen  Tradition  den  Weg  der  wis­
senschaftlichen Abstraktion bahnten, indem sie das Bemühen um Erklärung 
der  Phänomene  gleichermaßen  von  der  bloßen  Spekulation  wie  vom 
primitiven  Realismus  abzubringen  vermochten.  Im  folgenden  wird  der 
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